Der Architekt Harald Deilmann (1920-2008) zählt zu den bedeutenden Architekten der Nachkriegsmoderne in Deutschland. Mit seinem 1955 gegründeten Büro schuf er von Münster aus Bauten für Münster und Westfalen und wirkte – dank früher vielbeachteter Projekte – zunehmend bundesweit und international. Orientiert an den kulturellen Entwicklungen in Europa, USA und Japan unternahm er den Versuch, stets seinen Entwürfen eine unverwechselbare Gestalt zu geben – mit den Möglichkeiten der Gegenwart.
Zu seinen bekanntesten Bauwerken zählen neben dem Stadttheater Münster (1956, im Architektenteam mit Max von Hausen, Ortwin Rave, Werner Ruhnau), die Kurklinik Bad Salzuflen (1957), die Fachklinik Engelskirchen (1961), die WestLotto-Bauten in Münster (1960, 1978), das Clemens-Sels-Museum Neuss (1975), die Bauten der Westdeutschen Landesbank in Münster (1975), Dortmund (1978), Luxemburg (1979) und Düsseldorf (1982) sowie der Fernmeldeturm in Düsseldorf (1982). Seine Schulbauten in Dorsten, Bielefeld, Versmold, Lemgo und Altlünen sowie die John F. Kennedy-Schule in Berlin setzten in den 1960er-Jahren neue Maßstäbe im Bildungsbau. Mit seinen Rathäusern in Rheda-Wiedenbrück, Gronau und Minden erprobte er in den 1970er-Jahren urbane Nutzungskonzepte. Die Frage des Wohnens erforschte er grundlegend und entwarf neuartige Wohnformen in vielgestaltiger Typologie: vom Einfamilienhaus bis hin zum Wohnturm, vom Appartmentblock bis hin zur Wohnsiedlung.
Mit der Realisierung des Aalto-Theaters in Essen (1988) – nach Aalto-Plänen von 1959 – konnte Deilmann zwei lebenslange Forschungsinteressen gleichsam verbinden: den Theaterbau und seine Leidenschaft für Alvar Aalto (1898-1976), der ihn schon früh geprägt hat. Knapp zehn Jahre später konnte mit dem National-Theater Tokio (1986-1997) ein weiterer Theaterbau von Deilmann (zusammen mit Takahiko Yaganisawa) eingeweiht werden.
Sein Wirken als Architekt und Stadtplaner, als Preisrichter, Berater und Kunstförderer war vielfältig, die Auseinandersetzung mit nahezu allen Bereichen der Architektur für ihn charakteristisch. Als Hochschullehrer an der Technischen Hochschule Stuttgart (1963-69) schuf er moderne Grundlagen für die Gebäudelehre; ab 1967 wirkte er an der Neugründung der Universität Dortmund mit, zunächst in der Abteilung Raumplanung, ab 1971 als Gründungsbeauftragter der Fakultät Bauwesen. Als Spiritus rector konzipierte er dort das „Dortmunder Modell“, das seinerzeit erstmals Architekten und Bauingenieure bereits im Studium unter dem Aspekt „Forschung – Lehre – Anwendung“ zusammenführte. Mit Josef Paul Kleihues und dem Tragwerksplaner Stefan Polónyi sowie Hermann Bauer als kongeniale Partner vervollständigte er 1973 das Gründungsteam. Über 22 Jahre prägte er mehr als vier Generationen von Studierenden, bis er 1985 an der Universität Dortmund emeritiert wurde.
Seine Architektur, die nahezu alle Baugattungen umfasste, forderte häufig die Gesellschaft heraus. Deilmann verstand sich als Botschafter für neue Raumfragen – und ermunterte dazu, Stadt- und Landfragen geschichts- und ortsbewusst und doch zugleich zeitgenössisch zu beantworten. Vielfach arbeitete er mit zeitgenössischen Künstlern wie Max Bill, Friedrich Gräsel, Bernhard Heiliger, Norbert Kricke, Adolf Luther und Heinz Mack zusammen.
Die Dissertation „Harald Deilmann, Architekt (1920-2008) – Ein Gestalter seiner Zeit“ wird betreut von Prof. Dr. Wolfgang Sonne (Technische Universität Dortmund), Prof. Dr. Klaus Jan Philipp ( Universität Stuttgart).
Stefan Rethfeld war von 2009-2012 Promotionsstipendiat der Stiftung Deutscher Architekten (Düsseldorf). Parallel zur noch laufenden Forschungsarbeit entsteht derzeit eine Ausstellung zum 100. Geburtstag des Architekten, die im Baukunstarchiv NRW (Dortmund) gezeigt wird.