Musikhalle Münster: Eine Stimmprobe
In Münster soll über eine neue Musikhalle entschieden werden
19./20.04.2008
Süddeutsche Zeitung (2008)
Schloss Münster - Foto: Stefan Rethfeld

Schloss Münster - Foto: Stefan Rethfeld

Nachdem er in München das Prinzregententheater, in Weimar das heutige Nationaltheater und in Stuttgart das Staatstheater errichtet hatte, vollendete der Architekt Max Littmann 1920 mit der Stadthalle an der Neubrückenstraße den ersten eigenständigen Konzertsaal in Münster. Sehr zur Freude des bereits 1816 gegründeten Musikvereins und des 1919 ebenfalls eingerichteten städtischen Orchesters. Für gut zwanzig Jahre war damit die Musikhallenwelt in Münster in Ordnung. Heute ist das nicht mehr so.

Denn der prächtige Saalbau mit seinen 1200 Sitzen wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Ein adäquater Ersatzbau kam trotz vieler Planungen, ob als Fest-, Konzert-, Kongress- oder Musikhalle, in den zurückliegenden sechs Jahrzehnten nicht mehr zustande. Die aktuelle Diskussion um eine Kultur- und Kongresshalle, wie sie nun in einem Bürgerentscheid zur Abstimmung steht, erzeugt demnach soviel Déjà-vu-Erlebnisse, dass man fast Mitleid mit den Protagonisten bekommen muss.

Erst 2003 wurde die Musikhalle noch als Teil eines Kulturforums Westfalen für den Hindenburgplatz vor dem Schloss geplant, das sich jedoch im letzten Jahr zerschlug. Der Landschaftsverband scheute das Risiko und stieg aus der gemeinsamen Konzeption aus, die neben der Musikhalle auch ein Museum für Gegenwartskunst vorsah. Der seit 1989 aufgestellte Förderverein zur Musikhalle nahm deshalb Kontakt zur Universität auf, die im Schloss ihren Hauptsitz einnimmt und als größter Arbeitgeber der Stadt gilt. Zusammen entwarf man erste Berechnungen und Skizzen für eine nun titulierte „Halle für alle“. Doch mitten in der Konzeptionsphase traf sie das nun angestrengte Bürgerbegehren unvorbereitet, welches sich zum Ziel gesetzt hat, eine städtische Beteiligung neben fixen erheblichen privaten Millionenspenden an dem Projekt angesichts eines Sparhaushalts zu kippen.

Viele Bürger, die nun zur Wahl aufgerufen sind, werden für alles Mögliche stimmen, nur nicht für oder gegen eine Musikhalle. Denn über eine ausgereifte Konzeption samt Architekturentwurf verfügt das Projekt noch nicht, diese sollte erst noch erstellt werden können, selbst nach einem negativen Votum. Soviel Chance muß sein. Und soviel Zuversicht auch. Aber die Beteiligten dürften gewarnt sein – sie müssen sich nun doppelt anstrengen.

 

Stefan Rethfeld

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