Kulturaustausch statt Kitsch
so gesehen
Ausgabe 03.2010
architektur stadt ms (2010)
Neuer Gebetssaal der DITIB-Moschee, Bremer Platz, Münster. Foto: Stefan Rethfeld

Neuer Gebetssaal der DITIB-Moschee, Bremer Platz, Münster. Foto: Stefan Rethfeld

Es ist schon ein eigenartiger Vorschlag, der vor Jahren durch die Berliner Blätter und nun jüngst durch die Münsteraner Medienwelt geisterte: ein Ort soll gebaut werden (s. unten), ein Ort der Kulturen und Religionen. Organisiert von einer privaten Akademie für Baukultur um Prof. Z. Peter Pininiski, wird er als reale Bauaufgabe vorgestellt, man suche nur noch einen Ort und Geld. Die Anlage, ein Kreis – und sternförmig sollen Strahlen hierbei auf ein ewiges Feuer zulaufen, in dem Buddhismus, Christentum, Islam, Judentum, Hinduismus förmlich verschmelzen. Besucher, die sich in dieses runde Forum hineinbegeben, können so, nach Vorstellung der Akademie, einen einzigartigen Raum der Toleranz verspüren. Mit größtmöglichem Wirbel wurden nun versucht, diese Idee weiter zu befördern: Architektur- und Grafikstudenten entwarfen Alternativen und Plakate, der Landschaftsverband stellte Räume zur Verfügung (Ausstellung noch bis zum 6. April), die Universität kooperiert mit einem Begleitprogramm, örtliche Banken sponserten.

Doch das Konzept eines solchen Ortes erweist sich schnell als überkommen und negiert die vielen wichtigen Debatten, die insbesondere in Berlin zu politischen Symbolorten in den vergangenen 20 Jahren geführt wurden. Es ist daher mehr als verwunderlich, dass in einer eigentlich klugen Stadt wie Münster, solche zu einfach gestrickten Pseudoorte tatsächlich Befürworter finden: der Ex-OB Dr. Berthold Tillmann, »heißt ein solches Zeichen hochwillkommen«, Dr. Hans-Gert Pöttering, ehem. Präsident des EU-Parlaments, seit kurzem Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung meint, »es treffe den Puls der Zeit« und Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, Kuratorin am M:AI, gab sich sogar dazu hin, zu beteuern, »die Welt wäre mit diesem Ort um einen bedeutenden Ort reicher.«

Alle Plädoyers für mehr Austausch zwischen den Kulturen und Religionen in Ehren, doch das Thema scheint größer als jeder baubare Gedenkort. Das Ergebnis wäre unweigerlich nur eins: Politikkitsch. Es muss wohl an der Höflichkeit der Münsteraner liegen, dass bislang kein Widerstand aufkam. Gerade Münster hat qua Einwohnerschaft aus über 143 Nationen, verschiedenen bedeutenden Kulturvereinen und -orten und teilweise exzellenten Institutionen der Wissenschaft weitaus mehr Substanz zu bieten. Auch sind die Räume dieser Stadt weltläufiger als vielen bekannt.

 

Stefan Rethfeld