Stefan Polónyi (1930-2021):
Ein bewegtes Leben
Stefan Polónyi: Faltenbandsystem im Schotterwerk Risse, Warstein/Westfalen - Foto: Bauwelt, 1961

Stefan Polónyi: Faltenbandsystem im Schotterwerk Risse, Warstein/Westfalen - Foto: Bauwelt, 1961

Er war ein einflussreicher Tragwerksingenieur. Im ungarischen Gyula 1930 geboren, erlebte der 26-jährige Polónyi den Ungarn-Aufstand als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität in Budapest. Kurz danach verließ er seine Heimat in Richtung Deutschland. Und eröffnete 1957 ein eigenes Ingenieurbüro in Köln. Als Hochschullehrer schuf er die Grundlagen für ein neues Verständnis der Tragswerkslehre, zunächst an der Technischen Universität Berlin (1965-1972), später an der Universität in Dortmund (1973-1995). Dorthin rief ihn seinerzeit Harald Deilmann, um gemeinsam das „Dortmunder Modell Bauwesen“ zu begründen: Architektur und Bauingenieurwesen sollten wieder auch in der Ausbildung zusammengeführt werden. Nicht nur in der Lehre auch in der Büropraxis arbeiteten sie häufig zusammen. Bei kühnen Wettbewerbsentwürfen forderten sie sich gegenseitig heraus.

 

In der gesamten Architektenwelt wurde Stefan Polónyi als temperamentvoller Querdenker geschätzt. Es fügte sich gut, dass das M:AI (Museum für Architektur und Ingenieurkunst, heute: Baukultur Nordrhein-Westfalen) ihn 2012 mit einer Ausstellung „Tragende Linien, tragende Flächen“ würdigte.

 

Bereits bei einem frühen Werk kann seine Entwurfsfreude studiert werden: einem Schotterwerk im westfälischen Warstein. Für eine „Bandstraße“ entwarf Polónyi 1960/61 eine geschweißte Stahlrohrkonstruktion. Erstmals konnte ein Faltenbandsystem zwischen den Silos auch in Kurven und in größerer Steigung geführt werden. Bei seinen Konstruktionen konnte Polónyi Spannungen ins Gleichgewicht bringen, ohne dass die Form an Spannung verlor.

 

Am 9. April 2021 ist Stefan Polónyi im Alter von 90 Jahren gestorben.